Strategien gegen Hate Speech
Sowohl für Betroffene, als auch für Zeug*innen bestehen zahlreiche Handlungsmöglichkeiten, um dem Phänomen Hate Speech im Internet zu begegnen.
Allgemeine Handlungsoptionen
Melden: Auf allen gängigen Social-Media-Plattformen besteht die Möglichkeit einzelne Beiträge oder auch ganze Nutzer*innenprofile zu melden, um ihre Löschung zu erwirken. Meistens befinden sich die Buttons zum Melden in den entsprechenden Posts selbst. Auch wenn einzelne Äußerungen keinen strafbaren Inhalt aufweisen sollten, können sie dennoch gegen die Nutzer*innenordnung der jeweiligen Plattform verstoßen und dementsprechend gelöscht werden. Neben internen Meldeverfahren verfügen Dienste wie Facebook, Twitter und Youtube in Deutschland über die zusätzliche Option, Beiträge auf Grund von Verstößen gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) zu melden und löschen zu lassen.
Anzeigen: Um juristisch gegen strafbare Äußerungen und Inhalte im Netz vorgehen zu können, müssen diese bei den Ermittlungsbehörden zur Anzeige gebracht werden. Entsprechende Strafanzeigen können mündlich, schriftlich sowie per Mail an Polizeidienststellen gerichtet werden oder auch über die Onlinewache der Polizei erfolgen.
Dokumentation: Für die Strafverfolgung von Hate Speech ist zudem eine möglichst detaillierte Beweissicherung entsprechender Äußerungen notwendig. Dabei müssen Inhalt, Urheber*in und Zeitpunkt der Äußerung sowie die Internetadresse (URL) des jeweiligen Posts ersichtlich sein. Zudem sollte der Kontext, auf den sich eine Äußerung bezieht, dokumentiert werden. Auch die Sammlung weiterer Informationen über die Identität der Urheber*in kann für die Ermittlungsbehörden hilfreich sein.
Weitere Informationen zu strafbaren Inhalten, Möglichkeiten der Anzeigenstellung und dem Ablauf von Ermittlungsverfahren sowie zur beweissicheren Dokumentation von Hate Speech finden sich im Factsheet "Juristisches Vorgehen gegen Hate Speech".
Weitere Handlungsansätze für Betroffene
Nutzer*innen blockieren: In allen gängigen sozialen Netzwerken haben Nutzer*innen die Möglichkeit andere Nutzer*innen zu blockieren, sodass ihr Profil für jene nicht mehr sichtbar ist und sie keine persönlichen Nachrichten mehr von ihnen erhalten. Um ein Profil zu blockieren, muss die zu blockierende Profilseite geöffnet und der Button "blockieren" ausgewählt werden.
Eigene Accounts und Daten schützen: Um digitalen Angriffen vorzubeugen, ist es wichtig, private Daten zu schützen und ggf. auch die Sichtbarkeit eigener Social-Media-Profile einzuschränken. Auf allen eigenen Kanälen sollte geprüft und abgewogen werden, welche persönlichen Daten Nutzer*innen von sich preisgeben (bspw. Klarnamen, private Fotos, Adressen, Telefonnummern, private E-Mail-Adressen) und welche Privatsphäre-Einstellungen sie nutzen möchten. Es emphfielt sich Nicknames und für jeden Social-Media-Account ein eigenes Passwort zu verwenden.
Löschanträge: Auch außerhalb von sozialen Netzwerken kann es im digitalen Raum zu Bedrohungen, Beleidigungen oder Diffamierungen kommen. Wenn dies auf einer Webseite ohne Impressum geschieht, lässt sich kaum dagegen vorgehen. Allerdings kann bei Suchmaschinen wie Google ein Antrag gestellt werden, dass die entsprechende Seite nicht mehr in den Suchanfragen auftaucht. Die Aussicht auf Erfolg ist dabei jedoch geringer, als bei Meldungen auf Social-Media-Plattformen.
Melderegistersperre: Jede Person kann beim Einwohnermeldeamt eine Melderegisterauskunft beantragen und so an die Adresse anderer gelangen. Um dies zu verhindern, kann eine Auskunftssperre im Melderegister beantragt werden. Damit jene gewährt wird, müssen Antragssteller*innen jedoch ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft machen und ggf. nachweisen. Bedrohungen im digitalen Raum können hierbei als Grund gelten, auch wenn ein erfolgreicher Antrag auf Auskunftssperre nicht garantiert werden kann. Betroffene rechter Gewalt können sich bei der Beantragung einer Melderegistersperre durch entsprechende Beratungsstellen unterstützen lassen. Eine Mustervorlage zur Adresssperre findet sich beim Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG).
Austausch mit anderen: Betroffene von rechten Angriffen im Netz ziehen sich oft aus dem digitalen Raum zurück. Um die eigene Sprachfähigkeit zu behalten oder wiederzuerlangen und mit solchen Problemlagen nicht allein zu bleiben, ist es hilfreich, die eigenen Erfahrungen und Empfindungen mit vertrauensvollen Personen zu teilen. Auch der Austausch mit anderen Personen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und Solidarität spenden können, stärkt das Selbstvertrauen und das Wissen darum, dass Betroffene keine Schuld an solchen Angriffen tragen.
Unterstützungsangebote wahrnehmen: Betroffene von rechten Angriffen im digitalen Raum können in Sachsen Unterstützung bei der Beratungsstelle "Support" des RAA Sachen e.V. erhalten. Weitere Handlungsansätze für Betroffene von digitalen Angriffen sowie Informationen zu Beratungsangeboten finden sich im Factsheet "Auswirkungen von Hate Speech und Unterstützung für Betroffene".
Handlungsansätze für Zeug*innen
Counter Speech: Wenn Menschen Ziel von rechten Angriffen im digitalen Raum werden, ist es wichtig die politische Dimension solcher Auseinandersetzungen wahrzunehmen und solidarisch an der Seite der Betroffnen zu stehen. Gegenrede kann einen Gegenpol schaffen und zeigen, dass es sichtbaren und öffentlichen Widerspruch zu rechtem Hass gibt und die Angegriffenen nicht allein gelassen werden. Durch Solidaritätsbekundungen in Kommentaren und Nachrichten sowie die öffentliche Unterstützung von diskreditierten Meinungen können Betroffene Entlasstung erfahren und auch andere Mitlesende ermutigt werden, ihre Meinung zu äußern. Da Unterstützer*innen jedoch auch selbst zum Ziel von rechten Beleidigungen, Bedrohungen oder Diffamierungen werden können, bieten Projekte wie "LOVE-Storm" regelmäßig kostenlose Online-Trainings zu Gegenrede an.
Unterstützung anbieten: Sind Personen im eigenen Umfeld Ziel von rechten Angriffen, kann ein aktives Unterstützungsangebot sehr entlastend wirken. Gespräche über das Erlebte und das Angebot gemeinsam nach Hilfs- oder Handlungsmöglichkeiten zu suchen, können deutlich machen, dass die Betroffenen in solchen Situationen nicht allein sind. Wichtig ist dabei, die Person im Blick zu haben und zu erfragen, welche Unterstützung sie gerade benötigt. Zudem sollte auf ihre sowie eigene Grenzen und Kapazitäten geachtet und Rücksicht genommen werden.
Accounts für andere betreuen: Für Betroffene von rechten Angriffen im Netz kann es hilfreich sein, Abstand zu gewinnen und die eigenen Social-Media-Accounts zeitweise in die Hände einer vertrauten Person zu geben. Diese kann die betroffene Person unterstützen, indem sie ihre Accounts eine Zeit lang betreut, Kommentare meldet, Beweise sichert, Nutzer*innen blockiert und das Profil wieder nutzbar macht.
Informieren und Aufklären: Hate Speech ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen, dessen politische Tragweite lange Zeit unterschätzt wurde. Umso wichtiger ist es, sich und andere in den eigenen digitalen Räumen für das Themenfeld zu sensibilisieren sowie Betroffene zu unterstützen und deren Perspektive sichtbar zu machen. Gemeinsam können Handlungsmöglichkeiten und Gegenstrategien entwickelt werden, um der großen Einflussnahme weniger rechter Akteur*innen auf gesellschaftliche Debatten wirksam zu begegnen.
Weiterführende Informationen zum Thema Hate Speech und Zugang zum Unterstützungs- und Beratungsangebot: