Rechtsmotivierte und rassistische Gewalt in Sachsen 2015
Im Jahr 2015 zählten die Opferberatungsstellen in Sachsen 477 Angriffe. Im Vergleich zum Vorjahr (257) stieg die Zahl der Angriffe um knapp 86% an. Von diesen 477 Angriffen sind 654 Personen direkt betroffen gewesen.
Der Großteil der Angriffe war rassistisch motiviert (285) oder richtete sich gegen politische Gegner_innen (121). 20 Angriffe wurden gegen Journalist_innen verübt, mehrheitlich im Umfeld von Pegida oder anderen Anti-Asyl-Demonstrationen. Am häufigsten handelte es sich bei den Angriffen um Körperverletzungen (298), gefolgt von Nötigungen/Bedrohungen (139). Der Großteil der Angriffe ist bei der Polizei angezeigt worden. In 76% der Fälle wurde Anzeige erstattet.
Schwerpunkte der Gewalt sind die Städte Dresden (116) und Leipzig (77) sowie die Landkreise Leipzig (56) und Sächsische Schweiz/Osterzgebirge (55). Mehr als verdoppelt haben sich die Angriffe in Dresden (142%) und Landkreis Leipzig (180%). In den Landkreisen Sächsische Schweiz/Osterzgebirge und Meißen haben sich die Angriffe mehr als verdreifacht (267%; 240%).
Wird der Großteil der Angriffe im öffentlichen Raum (172) verübt, so sind für das Jahr 2015 zwei Tatorte besonders hervorzuheben: Asylunterkünfte (74) und Demonstrationen (72).
Bei den Asylunterkünften handelt es sich sowohl um bewohnte, als auch unbewohnte, sowohl um zentrale als auch dezentrale Unterkünfte. Die Demonstrationen, bei denen Angriffe verübt wurden, handelt es sich um Xgida und verschiedene Anti-Asyldemonstrationen, die 2015 flächendeckend in Sachsen stattgefunden haben. Schwerpunkte der Angriffe bei Demonstrationen bildet Dresden (28), Leipzig (20), und der Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge (9).
74 Angriffe wurden auf oder im Umfeld von Asylunterkünften verübt – darunter 19 Brandstiftungen, 21 gefährliche Körperverletzungen (u.a. mit Steinen oder Sprengsätzen/Böllern) und 5 Landfriedensbrüche. Gezählt wurden hier gewalttätige Ansammlungen vor Asylsuchendenunterkünften wie in Heidenau im August 2015, nicht jedoch Blockaden wie in Bischofswerda im September 2015. Auch die meisten dieser Angriffe wurden im Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge (16), Dresden (14) und dem Landkreis Leipzig (9) verübt.
72 Angriffe wurden im Umfeld von Demonstrationen verübt und richteten sich überwiegend gegen politische Gegner_innen (52) und gegen Journalist_innen (16). Dabei handelte es sich überwiegend um Körperverletzungen.
Beratung von Betroffenen rechtsmotivierte und rassistischer Angriffe 2015
Die Opferberatungsstellen des RAA Sachsen e.V. unterstützten im Jahr 2015 in insgesamt 287 Beratungsfällen. In diesen Beratungsfällen wurden 342 direkt und 71 indirekt Betroffene (Angehörige, Freund_innen, Zeug_innen …) beraten. Diese Beratungsfälle basieren auf 244 Angriffen. In 43 Fällen lag kein Angriff im Sinne unserer Gewaltdefinition zugrunde, sondern es gab einen anderen Beratungsanlass, wie Bedrohungen unterhalb der Gewalttat, Beleidigung, Diskriminierung oder rechtliche Fragen. Zu den Beratungstätigkeiten der Opferberatungsstellen gehören vor allem psychosoziale Beratungen, die Begleitung zur Polizei oder zu Gerichtsverfahren. Außerdem vermitteln und begleiten die Berater_innen zu Rechtsanwält_innen oder auch Psycholog_innen. In vielen Fällen ist die Organisation von Dolmetschern notwendig.
Die 342 direkt Betroffenen eines Angriffs, die im Jahr 2015 durch die Opferberatungsstellen begleitet und unterstützt wurden, sind zum Großteil aus rassistischen Motiven angegriffen worden. Zum überwiegenden Teil waren sie Opfer von Körperverletzungen.
Die Angriffe, die den 287 Beratungsfällen zugrunde liegen, stammen nicht alle aus dem Jahr 2015. Es können ebenso Angriffe aus vergangenen Jahren sein, deren Betroffene jedoch noch immer von den Beratungsstellen betreut werden. Ein Beratungsfall kann sich je nach polizeilicher Aufklärung, juristischer Strafverfolgung oder notwendiger psychosozialer Beratung über mehrere Jahre erstrecken. Entscheidend für das Einfließen in die hier vorliegende Beratungsstatistik ist mindestens eine im Jahr 2015 erfolgte Beratungstätigkeit.