Normalität jüdischen Lebens!?: Fachtag zu jüdischer Regionalgeschichte in Ostsachsen
Ein Kooperationsprojekt mit der Friedrich-Ebert-Stiftung Sachsen im Rahmen des Festjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“
Wo: online via Zoom
Ankündigung:
„Normalität jüdischen Lebens“: Als politisches Ziel sind diese Worte heute vielfach zu hören. Ihrer Verwirklichung stehen jedoch zahlreiche Hürden im Weg: Neben dem grassierenden Antisemitismus besteht zum einen ein mangelhaftes Wissen über die lange Geschichte jüdischen Lebens in Deutschland. Zum anderen sind die vorhandenen Lern- und Begegnungsangebote zu jüdischem Leben und jüdischer Geschichte wenig bekannt. Der „Fachtag zu jüdischer Regionalgeschichte in Ostsachsen“ nimmt sich dieser Leerstellen an und trägt mit einem Vortrag und drei Workshops für Pädagog*innen zu ihrer Überwindung bei.
Der Fokus des Fachtags liegt sowohl auf inhaltlichen als auch methodischen Zugängen zur jüdischen Geschichte in Ostsachsen. Es wird folgenden Fragen nachgegangen: Welchen Mehrwert hat die Thematisierung jüdischer Geschichte jenseits des Holocausts für den Kampf gegen Antisemitismus? Welche Epochen und Quellen eignen sich für die Bearbeitung jüdischer Geschichte? Und welche Projekte können Sie im Rahmen Ihrer pädagogischen Tätigkeit besuchen und umsetzen?
Die Teilnahme ist kostenlos. Die Anzahl der Teilnehmer*innen ist begrenzt.
Programm:
10:00 Uhr: Begrüßung
10:15 Uhr: Einführungsvortrag
„Wozu jüdische Geschichte Sachsens?“ von Gunda Ulbricht (HATiKVA e.V.)
Auf dem Gebiet des heutigen Sachsen lebten immer nur sehr wenige Jüdinnen und Juden. Es lohnt sich dennoch, sich mit deren Geschichte zu beschäftigen, denn sie hat einige spezifische Vorteile für die Entwicklung historischer Kompetenzen: Es wird der Blick auf eine kleine Minderheit gerichtet, die folglich ausnahmsweise in ihrer Gesamtheit sichtbar ist. Damit ermöglichen sie einen Einblick in die sozioökonomische Struktur der Gesellschaft, den die Quellen an anderer Stelle kaum überliefern. Die „fragmentierten Identitäten“ vieler Jüdinnen und Juden, die auch von Klassenzugehörigkeit, Gender, Alter, Ort und vielem anderen beeinflusst waren, werfen ein Schlaglicht auf interessante Schnittpunkte von Gebieten wie Wirtschaftsgeschichte, Migrationsgeschichte und Kulturgeschichte.
Bei der Reflexion über die Widerspiegelung oder Nichtbeachtung von Juden und Jüdinnen in den Darstellungen der Stadtgeschichte kann man dem kollektiven Gedächtnis beim Entstehen und bei der Ablösung vom individuellen Erinnern zusehen. Außerdem zeigt die regionale und lokale jüdische Geschichte besonders deutlich die Verwerfungen und die Widersprüchlichkeit historischer Prozesse und die Unverfügbarkeit der Einzelnen für identitäre Konstrukte. Es waren weder die Juden noch nur Juden, sondern Menschen, für die das Jüdische eine ganz unterschiedliche Rolle in ihrem Leben spielte.
11:30 Uhr: Pause
12:00 Uhr: Workshopphase
Entfällt! - Workshop 1: „Bild|Quellen. Fotos und Filme zur nationalsozialistischen Judenverfolgung in Dresden/Ostsachsen“ von Daniel Ristau (HATiKVA e.V.) - Entfällt!
Quellen zur Jüdischen Geschichte werden oft unter dem Fokus der Verfolgungsgeschichte wahrgenommen. Nimmt man sie jedoch als historische Quellen ernst, so verraten selbst Fotos und Filme aus der Zeit des Nationalsozialismus oft viel mehr über das dargestellte Geschehen, geben Hinweise zu den Personen hinter der Kamera und eröffnen weiterführende Perspektiven.
Der Workshop befasst sich schwerpunktmäßig mit Bildmaterial zur Judenverfolgung im Raum Dresden/Ostsachsen. Er setzt sich aus drei inhaltlichen Teilen zusammen:
(1) Bild|Material: Wer machte welche Fotos oder Filme aus welchem Grund? Was sehe ich?
(2) Bild|Forensik: Wie kann ich maximale Informationen aus vorhandenem Bildmaterial herausholen? Welche Möglichkeiten und Grenzen sind der Auswertung gesetzt?
(3) Bild|Nutzung: Wie gehe ich heute mit Bildmaterial um? Welche rechtlichen Grundlagen muss ich bei der Nutzung beachten?
Ziel des Workshops ist es, gemeinsam Sehgewohnheiten- und Gewissheiten zu hinterfragen, einen qualitativen Zugang zum Material – auch durch Hinzuziehung anderer Quellenformate – zu erlangen und gewonnene Erkenntnisse gewinnbringend in der Forschungs-, Bildungs- und Vermittlungsarbeit einzusetzen.
Workshop 2: „Digitale Hilfsmittel zur Vermittlung jüdischer Geschichte im Landkreis Sächsische Schweiz/Osterzgebirge“ vom AKuBiZ e.V.
Der Workshop befasst sich mit verschiedenen Möglichkeiten, jüdische Geschichte und ihre allgemeinen historischen Hintergründe im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sichtbarer und für Multiplikator*innen vermittelbar zu machen.
Im ersten Teil des Workshops werden dazu die Idee und die Möglichkeiten der Nutzung des digitalen Geschichtsatlasses gedenkplaetze.info vorgestellt.
Im zweiten Teil werden sodann verschiedene Bildungsbausteine und ein konkreter Stadtrundgang vorgestellt, die durch Multiplikator*innen in ihrer Bildungsarbeit genutzt werden können.
Im dritten Teil soll gemeinsam mit den Teilnehmenden über die Anwendungsmöglichkeiten der vorgestellten Angebote diskutiert werden.
Ziel des Workshops ist es, Anregungen zu geben, wie bereits bestehende vorwiegend digitale Angebote zur Vermittlung jüdischer Lokalgeschichte durch Multiplikator*innen eingesetzt werden können. Jüdische Geschichte und jüdische Perspektiven sollen damit für die Bildungsarbeit in den Themenbereichen Geschichte, Kunst, Literatur, Wirtschaftswissenschaft, Betriebswirtschaft, Technik, Musik etc. erschlossen werden. Im Vordergrund steht der Ansatz, jüdisches Leben nicht als „gesonderten“ Aspekt der Geschichtswissenschaft zu begreifen, sondern als wichtigen Bestandteil unserer Gesellschaft.
Workshop 3: „Jüdische Geschichte im Dreiländereck – digital und vor Ort“ von der NETZWERKSTATT der Hillerschen Villa
Der Workshop gibt anhand zweier praktischer Beispiele Einblicke in die (grenzübergreifende) pädagogische Arbeit mit jüdischer Lokal- und Regionalgeschichte in Zittau und Umgebung.
Im Sommersemester erarbeiteten tschechische Studierende mit Unterstützung der NETZWERKSTATT eine digitale Karte zu Orten jüdischen Lebens in Zittau und Liberec. Trotz Online-Lehre wurde so eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Umgebung und deren historischer Gewordenheit aus einer für die meisten ungewohnten Perspektive möglich.
Darüber hinaus entstand im Juli im Rahmen eines internationalen Begegnungsprojekts mit jungen Erwachsenen ein virtueller Rundgang des jüdischen Friedhofs in Zittau. Die Teilnehmenden erstellten 12 „Points of Interest“ für die virtuelle Tour, in denen unterschiedliche Zugänge zu jüdischer Begräbniskultur, ausgewählten Biografien und regionaler Geschichte sicht- und hörbar werden.
Der Workshop bietet nach einer kurzen Einführung Gelegenheit, sich mit den Online-Ressourcen auseinanderzusetzen. Anne Kleinbauer und Felix Pankonin von der Hillerschen Villa geben Auskunft über Entstehungskontext und weitere Verwendung der digitalen Materialien. Anschließend soll gemeinsam über Möglichkeiten und Grenzen sowie weitere Anwendungsmöglichkeiten der vorgestellten Formate diskutiert werden.
16:00 Uhr: Vortstellung der Workshopergebnisse
Anmeldung:
Um sich für den „Fachtag zu jüdischer Regionalgeschichte in Ostsachsen“ anzumelden, schreiben Sie bitte eine E-Mail an: bga.ostsachsen@raa-sachsen.de
Bitte teilen Sie uns dabei mit, an welchem der beiden Workshops Sie teilnehmen möchten.
Der Anmeldeschluss ist der 23. November.
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!