Rückblick: „Historische und ideengeschichtliche Hintergründe der Staatsgründung Israels“
Im Saal des AZ Conni blieb kein Platz leer, als das Bündnis gegen Antisemitismus in Dresden und Ostsachsen die Besucher*innen zum Vortrag begrüßte. In einer kurzen Anmoderation wurde die Ausgangslage dargestellt: In der aufgeheizte Debattenkultur rund um den Israel-Gaza-Krieg kommt es immer wieder zu antisemitischen Narrativen, die einer objektiven Auseinandersetzung mit dem Konflikt im Wege stehen und die durch den Vortrag dekonstruiert werden sollen.
Im Vortrag wurde zunächst die internationale diskursive Schieflage in Bezug auf Israel beleuchtet. Trotz einem Platz im vorderen Fünftel der demokratischsten Staaten wurden gegen Israel mehr Resolutionen des UN-Menschenrechtsrats gerichtet, als gegen alle anderen Staaten der Welt zusammen. Die Gründe dafür zeigte der Referent in einer negativen Rezeption des Zionismus, der jüdischen Nationalbewegung, auf, die ihn schon früh außerhalb der Geschichte stellte und mit dem moralisch Bösen der Moderne schlechthin in Einheit brachte. Über eine historische Betrachtung der Entwicklung des Zionismus wurden die bestehenden Vorurteile aufgegriffen und Fakten gegenübergestellt. So wurde aufgezeigt, dass die Idee eines jüdischen Nationalstaates zunächst nur eine neben anderen war, um auf den steigenden Assimilationsdruck auf Jüdinnen*Juden im Europa des 18. und 19. Jahrhunderts, der sich immer wieder auch in Pogromen äußerte, zu reagieren. Erst der Vernichtungsantisemitismus des Nationalsozialismus verhalf der Idee zu einem immer größeren Zuspruch.
Anhand von Zitaten, u.a. von Theodor Herzl, dem Begründer des sogenannten politischen Zionismus, wurde dargestellt, dass eine Anerkennung Israels durch internationale Akteur*innen und die Zusammenarbeit mit den arabischen Bewohner*innen und Nachbar*innen des Gebiets von Palästina als Voraussetzungen für die Staatsgründung betrachtet wurden. Darüber hinaus wurden im Vortrag verschiedene Strömungen des Zionismus betrachtet, auch solche, die für einen härteren und von Vorurteilen geprägten Umgang mit Palästinenser*innen und Araber*innen standen und stehen.
In seinem Fazit fasste der Referent schließlich zusammen, dass die Geschichte der Staatsgründung Israels sowie des Zionismus komplex und ideologisch vielfältig gewesen sei und ihrem vermeintlichen Wesen nach keineswegs als genozidal oder rassistisch definiert werden könne. Besondere Aufmerksamkeit widmete er dabei einem Vergleich mit dem europäischen Kolonialismus, wobei er zu dem Schluss gelangte, dass die Geschichte der jüdischen Besiedlung Palästinas vor allem eine Fluchtgeschichte gewesen sei.
In der anschließenden Diskussion wurden u.a. Fragen zum sephardischen Zionismus, zum Anti-Zionismus junger Jüdinnen*Juden in der Diaspora sowie zu möglichen Kritikpunkten einer pro-zionistischen Linken in Deutschland besprochen. Eine der Hauptbotschaften des Abends: die Unterstützer*innen Israels dürfen die Augen vor berechtigten Kritiken am Staat nicht verschließen und sich keinesfalls in einer Verherrlichung von Krieg verstricken.
Wir danken Dresden für Alle herzlich für die Unterstützung bei der Veranstaltung sowie allen Anwesenden für den interessanten Abend!