Statement zum Neonazistischen Gedenktheater am 15. Februar in Dresden
Haben Behörden der Verharmlosung des Holocausts nichts entgegenzusetzen?

Am 15. Februar 2025 zogen nach Schätzungen bis zu 3.000 Neonazis – und damit mehr als doppelt so viele wie in den vergangenen Jahren – vom Bahnhof Mitte aus durch die Innenstadt von Dresden, um dem 80. Jahrestag der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg zu gedenken. Dabei schwadronierten sie erneut von der unschuldigen Kunst- und Kulturstadt und übertrieben die Totenzahlen der Bombardierung in die Hunderttausende.
Zusammengefasst werden kann dieser Schwall der Lüge im Propaganda-Narrativ vom „Bombenholocaust“, das auch in diesem Jahr wieder prominent auf einem Transparent mit der Aufschrift „Ihr nennt es Befreiung. Wir nennen es Massenmord! // Bombenholocaust // Dresden: 13.02.1945 – 14.02.1945 – 15.02.1945 […]“ auf den Straßen und Plätzen Dresdens Verbreitung fand. Das Ziel des Narrativs: die Umkehr von Opfer- und Täter*innenschaft, die Verharmlosung, Relativierung und Verleugnung der nationalsozialistischen Massenverbrechen an als Jüdinnen*Juden, Sinti*zze und Rom*nja, Slaw*innen, Homosexuelle, „lebensunwert“ und politische Opponent*innen Verfolgten.
Wir fragen uns, ob nicht hätte verhindern werden können, dass Neonazis ausgerechnet am 80. Jahrestag der Bombardierung Dresdens in diesem Ausmaß das Schicksal und Ansehen der Opfer des Nationalsozialismus mit Füßen treten konnten. Wir adressieren mit dieser Frage die Vorgeschichte des diesjährigen Gedenkens, in der es durchaus behördliche Interventionsmöglichkeiten gegen das erwartbare Erstarken des neonazistischen Gedenktheaters gegeben hätte.
Nachdem wir als BgA-Ostsachsen im März 2022 eine ausführlich begründete Anzeige gegen das oben zitierte Transparent nach §130 Abs. 3 StGB (Volksverhetzung) stellten, weigerten sich sowohl Staatsanwaltschaft Dresden (2023) als auch Generalstaatsanwaltschaft Dresden (2024) das Transparent vor Gericht zu bringen und damit sein wahres Ansinnen ernst zu nehmen. Und während die Versammlungsbehörde zumindest 2023 einen Versammlungsbescheid erließ, mit dem sie die Verwendung des Begriffs für die Demonstration untersagte, unterließ sie es in diesem und im vergangenen Jahr, auf die Streitbarkeit des Begriffs zu verweisen und seiner Verwendung etwas entgegenzusetzen.
Im Angesicht der bewussten Herabwürdigung der nationalsozialistischen Opfer, der einkalkulierten Demütigung ihrer Angehörigen und Nachkommen sowie des dramatischen Rechtsrucks in Wort und Tat, der wesentlich auch durch die neonazistische Umdeutung der deutschen Geschichte vorangetrieben wurde, halten wir diese Entscheidungen für politisch und juristisch falsch. Wir sind bereit, unsere Auffassung erneut den entsprechenden Stellen vorzulegen und gemeinsam und konstruktiv nach Mitteln zur Eindämmung des makabren Neonazigedenkens zu suchen – in Solidarität mit allen Menschen, die von Neonazis verächtlich gemacht, bedroht und angegriffen werden!
Zum Abschluss wollen wir uns noch ausdrücklich bei den tausenden Gegendemonstrant*innen bedanken, die sich am 13. und 15. Februar der Kälte von Winter und Gesellschaft widersetzt haben: Ihr habt ein deutliches Zeichen gegen den Geschichtsrevisionismus und die antisemitische Schuldabwehr der Neonazis gesetzt!