Publikation 21. April 2021

Ratgeber: Bedroht zu werden, gehört nicht zum Mandat.

Der Bundesverband Mobile Beratung (BMB) und der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) haben einen Ratgeber zum Umgang mit rechten Angriffen und Bedrohungen für Kommunalpolitiker*innen und Kommunalverwaltungen veröffentlicht. Dieser richtet sich mit praktischen Handlungsmöglichkeiten an direkt Betroffene sowie deren Familie und Freund*innen, an Vorgesetzte und Verantwortungsträger*innen in Kommunen und demokratischen Parteien.

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Als kommunalpolitisch Aktive oder Mitarbeitende der Verwaltung sind Sie – gewollt oder nicht – mittendrin in der gesellschaftlichen Debatte. „Warum macht ihr denn da nichts?“ oder „Was habt ihr euch denn da wieder ausgedacht?“ sind oft gehörte Anwürfe im Kontakt mit Bürger*innen, aber auch im Freund*innen- und Familienkreis. Sie werden mit Ihrem lokalpolitischen Engagement oder Ihrer beruflichen Tätigkeit verantwortlich gemacht für Entscheidungen oder Zustände, die vom Gegenüber abgelehnt und missbilligt werden.

Nicht erst seit der Corona-Pandemie und den dadurch notwendigen staatlichen Maßnahmen, sondern auch schon in den Vorjahren sind politische Verantwortungsträger*innen und Mitarbeitende in der Verwaltung in den Fokus rechter Bedrohungen und Angriffe gerückt.

Viele von Ihnen erleben eine zunehmende Verrohung, Enthemmung und Gewaltverherrlichung – verbal, etwa in Form von Hetze und Bedrohungen in Sozialen Netzwerken. Dazu gehört auch ein massiver Anstieg von Gewalttaten. Angegriffen werden insbesondere Geflüchtete, ihre Unterstützer*innen und als „anders“ oder politische Gegner*innen stigmatisierte Menschen – aber immer wieder auch Haupt- und Ehrenamtliche in der Kommunalpolitik und Verwaltung.

Die rechtsextremen Mordversuche an der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (2015) und Andreas Hollstein (2017), dem damaligen Bürgermeister von Altena in NRW, sowie der neonazistische Mord im Juni 2019 am Regierungspräsidenten von Kassel, Dr. Walter Lübcke, aber auch zahllose weniger öffentlich diskutierte Vorfälle, verstärken die Angst, der oder die Nächste zu sein.

Rechte Bedrohungen und Angriffe können handlungsunsicher machen. Genau das ist ihr Ziel: Drohun- gen, Kampagnen und Gewalt sollen Angst verbreiten und alle einschüchtern, die sich für ein solidarisches Zusammenleben im demokratischen Gemeinwesen einsetzen. Viele haupt- und ehrenamtlich Aktive und Verwaltungsmitarbeiter*innen in den Kommunen erleben dies tagtäglich. Sie werden zum Beispiel durch so genannte Reichsbürger*innen bedroht, ihre Briefkästen werden zerstört, sie werden am Telefon beschimpft und beleidigt, sie erhalten Hunderte E-Mails mit massiven Bedrohungen, die auch ihren Kindern und Familien gelten.

Längst geht die Bedrohung nicht mehr nur von Neonazis aus. Insbesondere seit den rassistischen Mobilisierungen und mit Beginn der Corona-Pandemie treten zunehmend auch scheinbar nicht in der extremen Rechten organisierte Männer und Frauen bedrohlich auf und schrecken auch vor Gewaltan- wendung nicht zurück.

Mit dieser Publikation wollen wir allen von Ihnen, die ehrenamtlich oder hauptamtlich in der Kommunalpolitik aktiv sind oder in Verwaltungen arbeiten, einen Wegweiser an die Hand geben, wie Sie gegen Ohnmachtsgefühle und Angst aktiv werden können. Der Ratgeber soll Ihnen Mut machen und eine praktische Hilfe sein. Die Broschüre richtet sich sowohl an direkt Betroffene sowie deren Familie und Freund*innen wie auch an das soziale und politische Umfeld – also etwa die eigene Partei und die Parteifreund*innen, die Vorgesetzten und die gesamte Verwaltung. Denn nur, wenn die von extrem rechten Einschüchterungsversuchen Betroffenen nicht alleine gelassen werden und Unterstützung erfahren, werden die Täter*innen auf Dauer keinen Erfolg haben.

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