Pressemeldung 2. Februar 2012

Verfahren wird seit über 3 Jahren verschleppt

Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung gegen V-Mann Mirko H. wird seit über 3 Jahren verschleppt - Am 1. Mai 2008, Maifeiertag und Himmelfahrt fielen auf dasselbe Datum, wurde eine Gruppe nichtrechter, alternativer Jugendlicher in Stolpen (Landkreis Sächsische Schweiz / Osterzgebirge) angegriffen. Eine Gruppe von Neonazis verletzte sie mit Knüppeln und Faustschlägen teilweise schwer. Einige Jugendliche mussten in der Notaufnahme des Krankenhauses behandelt werden.

Bis heute – über dreieinhalb Jahre nach dem Angriff – musste sich keiner der Angreifer vor Gericht für die vorgeworfenen Taten verantworten, obwohl die Gruppe aus bekannten Neonazis besteht.

Unter den sieben Angreifern befand sich nach Anklage der Staatsanwaltschaft Dresden auch Mirko H., welcher bis mindestens 2002 als V-Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz agierte. Mirko H., maßgeblicher Führungskader des Nazinetzwerkes „Hammerskins“, produzierte mit seiner Firma „Hate Records“ Rechtsrock-Cds, Begleitmusik zu Mord und Totschlag – mitfinanziert durch Staatsgelder? Aktuell steht die Vermutung im Raum, dass Mirko H. Kontakte zu den Nazimördern von Zwickau gehabt haben soll.

Marianne Thum, Beraterin für Betroffene rechter und rassistischer Gewalt: "Es ist für die Betroffenen nicht nachvollziehbar, dass nach dreieinhalb Jahren keine Gerichtsverhandlung in Sicht ist! Diese unsägliche Situation des Wartens bedeutet eine massive Belastung bei der Verarbeitung des Angriffs! Es ist für die Betroffenen darüber hinaus unfassbar, dass der Staat rechte Gewalttäter auch noch indirekt finanziell unterstützt haben soll. Dass Neonazis für ihre Gewalttaten nicht zur Verantwortung gezogen werden, kann die rechte Szene doch nur als Ermutigung begreifen."

Das Strafverfahren, für welches das Amtsgericht Pirna zuständig ist, ist bis heute nicht verhandelt. Die Staatsanwaltschaft Dresden hatte im Juni 2009, bereits ein Jahr nach dem Angriff, Anklage erhoben. Das Amtsgericht Pirna lehnte im September 2010, also über ein Jahr später, die Eröffnung des Verfahrens gegen sechs Beschuldigte ab, unter ihnen Mirko H. Auf sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft entschied das Landgericht Dresden im Juni 2011, dass das Amtsgericht Pirna gegen alle sieben Beschuldigten das Verfahren eröffnen muss. Seitdem ist nichts geschehen. Auf Anfrage der Opferberatungsstelle teilte das Amtsgericht Pirna mit, dass das Verfahren frühestens Mitte 2012 stattfinden könnte, also über vier Jahre nach dem Angriff.

Marianne Thum: "Es ist notwendig, dass der Staat und seine Behörden umgehend und nachdrücklich auf rechte Gewalttaten reagieren. Die Betroffenen haben ein Recht darauf, dass der Staat die Angreifer strafrechtlich belangt."

Nicht nur Mirko H. ist als rechter Gewalttäter bekannt, unter den weiteren Angeklagten befinden sich Rico M. und Robert H. – bekannte Namen aus der Naziszene aus der Sächsischen Schweiz. Es handelt sich bei den Angeklagten um langjährig in der Naziszene aktive Personen. Umso mehr verwundert das Vorgehen der Justiz.

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