Angriffsstatistik Opferberatung Support 2020
208 rechtsmotivierte und rassistische Angriffe in Sachsen mit mindestens 304 Betroffenen – anhaltend hohes Niveau rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt – vier besonders schwere Gewalttaten – ein Mensch wurde aufgrund seiner sexuellen Orientierung getötet.
208 rechtsmotivierte und rassistische Angriffe in Sachsen mit mindestens 304 Betroffenen – anhaltend hohes Niveau rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt in Sachsen – vier besonders schwere Gewalttaten – ein Mensch wurde aufgrund seiner sexuellen Orientierung getötet.
2020 war geprägt durch die Corona-Pandemie, die sich in vielerlei Hinsicht auf rechte, rassistische und antisemitische Gewalt auswirkte: Antiasiatischer Rassismus, die „Querdenker-Bewegung“ mit Demonstrationen, bei denen politische Gegner*innen, darunter Journalist*innen, angegriffen wurden und gewachsener Antisemitismus.
„Mit den von den sogenannten Querdenkern verbreiteten Verschwörungserzählungen gehen antisemitische Einstellungen und Feindbilder einher. Sie sehen sich im Widerstand gegen „dunkle Mächte“, was der Rechtfertigung von Gewalt dient und ein hohes Radikalisierungspotential mit sich bringt,“ warnt Andrea Hübler, Fachreferentin im Projekt Support für Betroffene rechter Gewalt des RAA Sachsen e.V. „Eine solche Widerstands-Rhetorik ist auch in der Ideologie des „Großen Austauschs“ zentral, die im rechten Milieu, von der Neuen Rechten bis zu Neonazis propagiert wird. Hier verbindet sich Rassismus mit Antisemitismus und Antifeminismus. Auch hier gibt es ein besonders hohes Radikalisierungspotenzial und eine hohe Gewaltgefahr. Das haben die Anschläge in Halle am 9. Oktober 2019 und in Hanau am 19. Februar 2020 auf drastische Weise gezeigt.“
Ein Tötungsdelikt sowie zwei versuchte Tötungen wurden 2020 in Dresden verübt. So verlor ein Mensch aufgrund seiner sexuellen Orientierung sein Leben, als am 4. Oktober ein 20-Jähriger mit islamistischem Bezug in der Dresdner Altstadt ein schwules Paar mit zwei Küchenmessern angriff. Einer der beiden Männer (55 und 53) starb im Krankenhaus, sein Partner überlebte schwerverletzt. Am 9. März wurde in Dresden ein junger Mann mit einem Messer schwer verletzt. Der Täter fügte ihm eine Schnittwunde am Hals zu, wobei die Halsschlagader nur knapp verfehlt wurde. Am 30. August verletzte ein 16-jähriger Jugendlicher, der der Neonaziszene zugeordnet werden kann, bei einer alternativen Techno-Party in der Dresdner Heide zwei junge Menschen schwer mit einem Messer.
Überwiegend handelte es sich bei den Angriffen um Körperverletzungsdelikte (139), in 47 Fällen um Nötigung oder Bedrohung. Fünf Brandstiftungen wurden verübt, darunter ein Brandanschlag auf eine Shisha-Bar und ein Dönerlokal - nur zwei Tage nach dem rassistischen Anschlag in Hanau am 19. Februar 2020.
Der Großteil der Angriffe war rassistisch motiviert (107), 39 Angriffe richteten sich gegen politische Gegner*innen. In 35 Fällen richtete sich die Gewalt gegen Nichtrechte und Alternative, in acht Fällen gegen Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität.
Regionale Schwerpunkte sind die Städte Dresden (52), Leipzig (66) und Chemnitz (16). Der Landkreis Leipzig (18) stellt seit Jahren kontinuierlich eine Schwerpunktregion rechter Gewalt in Sachsen dar. Der Landkreis Zwickau (13) weist ebenfalls besonders viele Angriffe auf, gefolgt von den Landkreisen Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (8) und Görlitz (7), wo die Angriffszahlen im Vergleich zum Vorjahr gleichblieben, ebenso wie im Vogtland (5). Einen leichten Anstieg verzeichnet Mittelsachsen (5). Zurück gegangen sind die Zahlen in Bautzen (7), Nordsachsen (6), im Erzgebirge (3) und in Meißen (2).
Die Fachberatungsstelle Support für Betroffene rechter Gewalt des RAA Sachsen e.V. unterstützt in Sachsen seit 2005 Opfer rechtsmotivierter, rassistischer und antisemitischer Gewalt bei der Bewältigung der Tatfolgen und dokumentiert darüber hinaus diese Angriffe. Im Jahr 2020 haben wir sachsenweit in 263 Beratungsfällen beratend und unterstützend zur Seite stehen.
„Die rechtsterroristischen Anschläge in Halle und Hanau haben zu Wut, Angst sowie Verunsicherung geführt, das war auch 2020 spürbar. Schwere Gewalttaten im letzten Jahr und die sichtbare Radikalisierung im Zuge der sogenannten Querdenker-Bewegung zeigen wie brisant die gesellschaftliche Situation ist. Eine Kultur der Solidarität und eine klare Agenda gegen Rechtsextremismus, rechten Terror sowie Rassismus und Antisemitismus in Sachsen bleibt absolut notwendig,“ sagt Robert Kusche, Geschäftsführer des RAA Sachsen e.V.
Die Zusammenfassung der Statistik ist unter Nennung des Urhebers frei verwendbar und abrufbar unter: www.raa-sachsen.de/statistik
Auf unserer Webseite finden Sie zusätzlich ein Tool, mit dem sie die Angriffszahlen der letzten Jahre einsehen können.
Für Rückfragen wenden Sie sich – aufgrund von Homeoffice bitte per Mail – an:
· Andrea Hübler (Fachreferentin Opferberatung Support): andrea.huebler@raa-sachsen.de
· Robert Kusche (Geschäftsführer RAA Sachsen e.V.): robert.kusche@raa-sachsen.de