Neuigkeit 29. Januar 2025

Offener Brief an den Kreistag Bautzen zur PfD

Das Landratsamt Bautzen will bereits bewilligte Mittel für die Partnerschaften für Demokratie im Landkreis nicht annehmen, da keine Eigenmittel eingebracht werden können. Die RAA als im Landkreis mit mehreren Projekten aktiver Träger ruft die Mitglieder des Kreistags dringlich dazu auf, diese Entscheidung rückgängig zu machen und die wichtige Arbeit der PfD für Engagement, Beteiligung und die Stärkung demokratischer Werte aufrecht zu erhalten.

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Wortlaut des Offenen Briefs vom 29.01.2025

Sehr geehrte Kreisrätinnen und Kreisräte,

 

mit Erschrecken und Unverständnis haben wir das Informationsschreiben der Externen Koordinierungs- und Fachstelle der Partnerschaften für Demokratie im Landkreis Bautzen zur Kenntnis genommen, aus dem wir erfuhren, dass das Büro das Landrates die Förderung des Projektes beendet bzw. die Antragstellung zurückzieht.

Als Träger, der sowohl innerhalb des Landkreises als auch sachsenweit tätig ist, sehen wir diese Verwaltungsentscheidung als weiteren kritischen Punkt in einer Entwicklung, die der Landkreis seit mehreren Jahren, aber verstärkt seit den Kommunalwahlen 2024 betreibt.

Der Landkreis Bautzen, im Freistaatsvergleich verhältnismäßig gering verschuldet, mit vergleichsweise großem wirtschaftlichen Potenzial auch auf Grund der Strukturwandelförderung, dem Alleinstellungsmerkmal als Heimat des sorbischen Volkes und einer vielfältigen Engagementlandschaft wird mehr und mehr als politischer und gesellschaftlicher Problemfall wahrgenommen. Äußerungen wie die Weihnachtsansprache des Landrats im Dezember 2023, formale Akte wie die Streichung des Amtes der Integrations- und Ausländerbeauftragten aus der Hauptsatzung und eine fehlende Positionierung wie zum Beispiel bei rechtsextremistischen Aufmärschen in Bautzen oder der Verwendung von rechtsextremistischen Codes in Kreistagssitzungen lassen das Bild entstehen, dass die politisch Verantwortlichen der Verteidigung der demokratischen Werte und der Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts nicht die gebotene Priorität zuordnen. Dabei formulierten Sie selbst in der am 16.12.2024 verabschiedeten Kreistagsresolution: „Die unzureichende Finanzierung der Landkreise darf jedoch keineswegs dazu führen, dass jene Dinge zerstört werden, die den Kitt bedeuten, der unsere Gesellschaft zusammenhält.“

Die Partnerschaften für Demokratie und ihr Vorgängerprojekt fördern seit 14 Jahren aktiv genau diese Ziele. Das federführende Amt, die Koordinierungs- und Fachstelle, die Begleitgremien und unzählige Partner und Partnerinnen haben konkrete Angebote geschaffen – von Bildungs- und Vernetzungsveranstaltungen über Fachkräftefortbildungen, Kommunalberatung, Schaffung von Beteiligungsstrukturen, Beratungen von Vereinen, Initiativen, Institutionen und Unternehmen und Befragungs- und Evaluationsinstrumenten bis hin zur finanziellen Förderung von kleinen und größeren Ideen, die im Landkreis für den Landkreis entwickelt wurden. Besonders hervorzuheben sind die Projekt- und Fördermittelberatung, die in der kommenden Förderperiode im ländlichen Raum ausgebaut werden sollte, und die Unterstützung von Jugendbeteiligung durch einen Fonds und den Jugendengagementpreis. Die PfD im Landkreis Bautzen gilt bundesweit als besonders erfolgreich und innovativ und hat es geschafft, unterschiedlichste Akteure zu gewinnen und miteinander ins Gespräch zu bringen. Sie ist ein Aushängeschild für die Region und könnte zum Reputationsgewinn für den Landkreis viel beitragen.

Wir fordern die am Erhalt der Demokratie und ihrer Werte interessierten Kreisrätinnen und Kreisräte auf, die Landkreisverwaltung zu beauftragen, einen Weg zum Erhalt dieser etablierten und anerkannten Struktur zu erarbeiten. Die Ablehnung einer in Aussicht gestellten Förderung einer PfD durch das Bundesprogramm Demokratie leben! durch eine Kommune ist unseres Wissens nach ein Novum. Aktuell wurde als Grund fehlende Eigenmittel in Höhe von 50.000€ angeführt. Laut Förderrichtlinie des Bundesprogramms sind 0,5 VzÄ im zuständigen Amt vorzuhalten. 50.000€ entsprechen in etwa den jährlichen Kosten für eine halbe Personalstelle in der EG15 E6. Es erscheint unnötig, eine Person mit derart hoher Qualifikation für die Bewirtschaftung der Projektförderung einzusetzen. Gegebenenfalls wäre hier Einsparpotenzial zu finden. Des Weiteren können Gespräche mit dem Sächsischen Ministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt als kofinanzierende Stelle sowie mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend als Mittelgeber geführt werden und nach  Lösungen gesucht werden. Die Möglichkeit von Einzelfallentscheidungen ist in der entsprechenden Richtlinie verankert. Wie dem Schreiben der Koordinations- und Fachstelle zu entnehmen ist, stünden dem Landkreis Bautzen jährlich 200.000€ Bundesmittel über eine Laufzeit von acht Jahren zur Verfügung, um den engagierten Bürgerinnen und Bürgern, Kommunen, der Kinder- und Jugendarbeit, Institutionen und Vereinen Unterstützungsangebote zu unterbreiten und die Gesellschaft insgesamt voranzubringen.

Wir hoffen, dass die von der Verwaltung getroffene Entscheidung lediglich finanzielle Gründe hatte und keine inhaltlichen Bedenken gegen ein Projekt vorliegen, das laut Richtlinie die Ziele verfolgt: „Über die Partnerschaften für Demokratie sollen zivilgesellschaftlich und demokratisch aktive Menschen und Organisationen, die sich in ihrem kommunalen Umfeld für die Demokratie engagieren, gestärkt und vernetzt werden. Im partnerschaftlichen Zusammenwirken, insbesondere von kommunaler Verwaltung und Zivilgesellschaft, wird eine lebendige und vielfältige Demokratie vor Ort sowie eine Kultur der Kooperation, des respektvollen Miteinanders, der gegenseitigen Anerkennung und Unterstützung gestärkt.“

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