Pressemitteilung vom TolSax 08.12.23 Angriff auf die Autonomie der Trägerlandschaft
Sprecher_innen des Netzwerks Tolerantes Sachsen weisen Kritik des Rechnungshofes an Positionierung von Vereinen zu politischen Themen zurück.
Die Sprecher_innen des Netzwerks Tolerantes Sachsen kritisieren den Versuch des Sächsischen Rechnungshofes, der Zivilgesellschaft in Sachsen politische Äußerungen zu untersagen. Im gestern der Öffentlichkeit vorgestellten Sonderbericht zur Prüfung der Richtlinie Integrative Maßnahmen wirft der Rechnungshof geförderten Vereinen vor, sie würden als Lobby- und Interessenverbände "aktiv und bewusst auf die Politik und ihre Akteure Einfluss nehmen (wollen)." Dies betreffe "vor allem Positionierungen zur Asyl- und Migrationspolitik und Rechtsextremismus, Rechtspopulismus aber auch zu Corona-Protesten sowie Innenpolitik (z. B. zu Verfassungsschutz, Polizei)." Es würden auch "extreme und radikale Positionen unterstützt" und sich "gegen einzelne Parteien und politische Strömungen/Positionen, nahezu ausschließlich aus dem rechten und konservativen Spektrum" positioniert.
Dazu Maren Düsberg, Geschäftsführerin der RAA Sachsen e.V. und Sprecherin des Netzwerks Tolerantes Sachsen:
"Diesen Angriff auf die Autonomie der Trägerlandschaft weisen wir aufs Schärfste zurück. Es handelt sich um einen unzulässigen, problematischen und offenkundig politisch motivierten Versuch, den Spielraum der demokratischen Zivilgesellschaft einzuschränken. So etwas ist bisher vor allem aus autoritären Systemen bekannt und wird mit dem Schlagwort Shrinking Spaces beschrieben. Das widerspricht den Grundprinzipien der Demokratie."
Klemens Köhler von der Initiative Between The Lines, ebenfalls Sprecher des Netzwerks, ergänzt, dass die Projektförderung der Zivilgesellschaft in Sachsen den Aufbau und Erhalt von Expertise ermöglicht:
"Die Bevölkerung hat geradezu einen Anspruch darauf, dass zivilgesellschaftliche Expert_innen sich im öffentlichen Diskurs einbringen. Mit der Projektförderung 'kauft' der Staat nicht bedingungslose Loyalität, sondern diese Expertise. Sie ist der Gewinn für unsere demokratische Gesellschaft. Würde Kritik an Regierungshandeln verboten, sobald Fördergelder fließen, wäre das genau die Korruption, die der Rechnungshof bekämpfen will."
Doritta Kolb-Unglaub von colorido e.V. aus Plauen bekräftig abschließend für die Sprecher_innen des Netzwerks Tolerantes Sachsen, dass politische Bildung niemals wertneutral sein kann:
"Wir werden uns als Vereine und Initiativen auch weiterhin nicht davon abbringen lassen, Diskriminierungen und Verstöße gegen die Menschenwürde sowie die unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechte zu kritisieren. Politiker_innen, Parteien und andere Organisationen, die gegen diese für das friedliche Zusammenleben zentralen Werte verstoßen, müssen mit unserem Protest rechnen."
Das Netzwerk Tolerantes Sachsen ist ein Zusammenschluss von mehr als 140 sächsischen Initiativen, Vereinen und Organisationen, die sich für die Förderung demokratischer Kultur und gegen Einstellungen der Ungleichwertigkeit, Antisemitismus und Rassismus einsetzen. Aktuell wird die Arbeit des Netzwerks u.a. über das Programm "Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz" als Fachnetzwerk zur Stärkung demokratischer Werte und Handlungskompetenzen gefördert.